Donnerstag, 3. Februar 2011

Wem gehört der Teich: Zwei Hemden näher als der Rock?

A
Heute möchte ich nochmal auf den Nachtrag vom gestrigen Blog-Eintrag zurückkommen. Das Thema "Hungertod" ist sicher mehr als ein Post Scriptum wert, denn es geht um die Neu- bzw. Umverteilung der Welt bzw. ihrer Erzeugnisse. Schließlich soll sich der Mensch die Erde Untertan machen (1. Mose 1,28): "Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht".

"Jesus starb für die Sünden der ganzen Welt. Jeder Mensch ist in seinen liebevollen Augen kostbar", so Corrie ten Boom (* 15. April 1892; † 15. April 1983) eine niederländische Christin, die während der nationalsozialistischen deutschen Besetzung der Niederlande eine Untergrundorganisation gründete, mit der zahlreiche Juden vor dem Holocaust gerettet wurden. Dafür wurde sie später von der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem mit dem Ehrentitel "Gerechter unter den Völkern" ausgezeichnet (Quelle: Wikipedia). "Jeder Mensch" bedeutet Kostbarkeit ohne Ausnahmen und ohne Ansehen der Person.

"Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier", so der indische Menschenrechts- und Unabhängigkeitskämpfer Mahatma Gandhi (1869–1948). Da kommt man schon ins Nachdenken, oder? Sitzt uns allen nicht das Hemd näher als der Rock, indem wir den persönlichen Vorteil zuerst suchen?
Jesus: "Und wer dem geringsten meiner Nachfolger auch nur ein Glas kaltes Wasser reicht, darf sicher sein, dafür belohnt zu werden" (Matthäus 10,42). Jesus hat kein Programm aufgestellt, sondern einen Lebensstil geprägt.

Jesus hat gesagt, man kann nicht Gott und dem Mammon gleichzeitig dienen (Lukas 16,13): Niemand kann zwei Herren dienen. Denn man wird immer den einen hassen und den anderen lieben oder dem einen gehorchen, den anderen aber verachten. Ihr könnt nicht Gott und dem Geld zugleich dienen." Trotz mehr als 2.000 Jahre Christentum auf dieser Erde, ist aber nichts so, wie es Jesus den Menschen damals vermittelt hat und wie es in der "Heiligen Schrift" als der Wille Gottes vererbt worden ist. Doch das muss ja nicht für alle Zeit so bleiben.

Jeder Tag ist eine Neuanfang, an jedem Tag kann die Welt ein Stück besser gemacht werden. Frei nach der afrikanischen Weisheit: "Viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, werden das Antlitz dieser Welt verändern." - Sprichwort der Xhosa (Tansania, Südafrika, Botswana und Lesotho). Was haben die Menschen aus dieser Welt gemacht? Die Gier treibt uns täglich an, weil wir niemals zufrieden sein können und wollen. Der Mensch strebt nach mehr: Höher, schneller, weiter, größer, besser, schöner, bequemer...

Die "Finanzkrise" 2009 war das Resultat von Gier, deren Auswirkungen heute noch spürbar sind. Wir sind gierig nach Erdöl, das die Konzerne möglichst billig erschließen und möglichst teuer verkaufen wollen. Gewinnmaximierung treibt den Aktienkurs in die Höhe! Doch dann wundern wir uns, wenn Öl-Bohrungen auf dem Meeresgrund schiefgehen - wie 2010 im Golf von Mexiko - und Millionen Liter Erdöl die Weltmeere verschmutzen. Wir Autofahrer sind als Endverbraucher Teil dieses Systems, denn wir wollen viel fahren und billig tanken. Unsere Waren werden von Diesel-Lokomotiven und Lkws transportiert, der Wein beim Discounter kommt mit Diesel-Schiffen aus Chile und Südafrika.

In den Entwicklungsländern Afrikas werden Erdgas, Erdöl, Rohstoffe und (Blut)Diamanten seit Jahrzehnten abgebaut, ohne dass die Menschen davon etwas haben. Ausser, dass sie sich als billige Arbeitskräfte in den Minen etc. zu Tode schuften dürfen. Wer sind die Nutzniesser? Unser existierendes System und damit wir alle! Ist Geiz ist geil, wenn für Discount-Preise Kinder in Entwicklungsländern 14 Stunden am Tag für einen Hungerlohn arbeiten müssen? Wer von uns wollte nur einen Tag mit ihnen das Leben im "Sweatshop" tauschen? Das wäre geil!

Eine andere Welt ist möglich, eine andere Welt ist nötig, eine andere Welt ist bereits da - sie muss nur noch von uns umgesetzt werden. Doch wer in der "ersten Welt" will schon freiwillig etwas von seinem Wohlstand abgeben? Klar spenden wir gerne für "Brot für die Welt" oder auf die Katastrophenhilfe-Sonderkontos von Tsunamis in Thailand und Erdbeben in Haiti. Es geht aber nicht um punktuelle Katastrophenhilfe, sondern um ein System, das allen Menschen zu jeder Zeit gerecht wird.
"Und wenn ich alle meine Habe zur Speisung der Armen austeile und wenn ich meinen Leib hingebe, damit ich Ruhm gewinne, aber keine Liebe habe, so nützt es mir nichts" (1. Korinter 13,3). Die Liebe muss die Grundlage einer Umverteilung sein!

Jesus hat vor 2.000 Jahren eine Revolution der Liebe ausgerufen. Wenn ich "Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst" (Matthäus 22,39) wirklich ernst nehme, muss es doch für mich unerträglich sein, wenn auch nur ein Mensch auf dieser Welt erfriert oder verhungert oder an einer Krankheit stirbt, für die es Medikamente zuhauf gibt.
Paulus schreibt in Römer 12,2: "Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene." Das ist der unbequeme Auftrag!

Der junge US-Autor und "gewöhnliche radikale Christ" Shane Claiborne beschreibt das Manko in seinem Buch "The irresisteble revolution" sehr treffend: "Gib einem Menschen einen Fisch und er wird einen Tag lang satt. Lehre ihn das Angeln und er wird sein Leben lang satt. Das Problem ist, dass niemand fragt, wem der Teich oder das Meer gehört. Wir müssen gegen den Zaun angehen, der um den Teich errichtet wurde und sicherstellen, dass jeder ans Wasser kommen kann. Es gibt nämlich genug Fisch für uns alle." Bei diesem Gleichnis geht es nicht um Kabeljau!

Am Ende sind wir wieder beim Gier-Zitat von Gandhi, dem solche radikalen Aussagen zur Neu- bzw. Umverteilung sicher eher gestattet werden. Von ihm hätte man solche Aufrufe erwarten dürfen - vielleicht auch noch von Jesus, der sein Leben aus Liebe für uns gegeben hat, damit wir gerettet sein können (Johannes 3,16). Diese Rettung und alles andere, was von Gott kommt ist sehr teuer, aber für uns kostenlos: "Teilt eure Gaben genauso großzügig aus, wie ihr sie geschenkt bekommen habt!" (Matthäus 10,8) - mit anderen Worten: Umsonst habt ihr alles bekommen, umsonst sollt ihr es weitergeben.

Eine große Herausforderung zur Überwindung der Armut und für eine bessere Welt, in der jeder Mensch kostbar ist. Friedensnobelpreisträgering (1979) Mutter Theresa (* 26. August 1910; † 5. September 1997), die sich für die Ärmsten der Welt eingesetzt hat, erklärte: "Gott hat uns nicht zum Erfolg berufen, nur zur Treue. Wir können keine großen Dinge tun, nur kleine mit großer Liebe. Es geht nicht darum, wie viel man tun, sondern mit wie viel Liebe man es tut."

Glaube ohne gute Taten ist tot bzw. wertlos (Jakobus 2,17). Wir wählen jeden Tag: durch unsere Lebensweise, unser Kaufverhalten, dadurch welchen Werten wir uns verpflichten. Wir können unsere Stimme in Alltagsentscheidungen abgeben, wenn diese Alternative nicht auf dem Wahlzettel zu finden ist.
"Wer zwei Hemden hat, soll dem eins geben, der keines hat. Und wer etwas zu essen hat, soll es mit dem teilen, der nichts hat (Lukas 3,11). So dringt Gottes Gras durch den menschlichen Beton!


Christsein bedeutet mehr, als darauf zu hoffen, dass im Himmel alles gut wird!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.